Nachruf Dr. Elke Wetzenstein

Wir trauern um unsere hoch geschätzte Kollegin und langjährige Wegbegleiterin Dr. Elke Wetzenstein. Am 31.12.2018 ist Elke Wetzenstein viel zu früh verstorben. Wir vermissen ihre menschlichen und beruflichen Impulse und trauern mit den Angehörigen.


Nachruf von Prof. Dr. Hartmut Wandke

PD Dr. rer.nat.habil. Elke Wetzenstein

Elke Wetzenstein war Gründungsmitglied des artop e.V., aus dem später die artop GmbH hervorging.  Schon vor der Gründung hatte sie beeindruckende akademische Meriten erworben und ein reichhaltiges Spektrum von praktischen Erfahrungen gesammelt. Nach ihrem Psychologiestudium war sie Mitglied des Lehrkörpers am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin geworden und hielt ihre ersten Lehrveranstaltungen zu arbeits- und ingenieurpsychologischen Methoden ab. Daraus sollte sich eine kontinuierliche Linie in ihrer Forschung und Lehre entwickeln. Die Konstruktion, die Auswahl, Anpassung und die Anwendung der passenden Analyse- und Gestaltungsmethoden lag ihr immer besonders am Herzen. Das reichte von der Entwicklung einzelner Urteilsskalen in konkreten empirischen Untersuchungen bis hin zu sehr differenzierten, computerbasierten Methodenleitfäden für die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen. Ein weiteres Arbeitsgebiet war Eignungsdiagnostik, bei der sie sich  immer wieder dafür einsetzte, dass die Analyse der konkreten beruflichen Anforderungen als unverzichtbarer erster Schritt vor der Konstruktion von Testverfahren durchzuführen sei.

Die praktische Umsetzung psychologischer Erkenntnisse war Elke Wetzenstein ein Anliegen, das sie über ihr gesamtes berufliches Leben verfolgte. Ihr diesbezügliches Interesse und ihr Engagement waren Mitte der 70er Jahre besonders gefragt. Elke Wetzenstein baute ein arbeitswissenschaftliches Zentrum für den Industriezweig „Automatisierungsgeräte“ auf. Es war eine ihrer Stärken, die sie hier zum ersten Mal unter Beweis stellte, rasch ein qualifiziertes und motiviertes Team auf die Beine zu stellen und so zu führen, dass alle mit Freude und Engagement an der Lösung der Aufgaben arbeiteten. Eine Gruppe von Ingenieur- und Arbeitspsychologen half gemeinsam mit Arbeitswissenschaftlern in – heute würde man sagen Beratungsprojekten – zahlreichen Betrieben der Elektroindustrie dabei, Probleme der Arbeitsgestaltung einschließlich der Folgen wie Beanspruchung und Belastung, Krankenstand, Fluktuation und Qualität der Produkte in den Griff zu bekommen.

In den 80er Jahren nahm die Forschung zur Mensch-Rechner-Interaktion einen beeindruckenden Aufschwung und die Ingenieur- und Arbeitspsychologie an der HU hatte dabei eine bedeutende, auch international sichtbare Position – und Elke Wetzenstein gehörte zu den führenden Forschern und Forscherinnen auf diesem Gebiet. Gemeinsam mit Kollegen, Promovenden und Diplomanden hat sie eine große Anzahl von Studien durchgeführt, die insbesondere die Bedeutsamkeit einer aufgabenabhängigen Gestaltung belegten. Ihr zweiter Schwerpunkt war die Individualisierung der Mensch-Rechner-Interaktion. Zu beiden Schwerpunkten veröffentlichte sie zahlreiche Artikel in deutschsprachigen und internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften sowie Kongressbeiträge.

Elke Wetzenstein war als Dozentin bei den Studierenden sehr beliebt. Ihre Vorlesungen und Seminare erhielten sehr gute Beurteilungen im Rahmen studentischer Evaluationen. Hervorhebenswert ist ihr projektbasiertes Seminar mit Fallbeispielen zur Gestaltung von Mensch-Maschinen-Systemen. Ihre Lehrinhalte und ihre innovativen Lehrformen führten zu einer engagierten und kreativen Aufgabenbearbeitung durch die Studierenden. Sie selbst war begeistert davon und diese Begeisterung steckte auch die Studierenden an. Es machte beiden Seiten großen Spaß, sich mit praktischen Fällen der Gestaltung von technischen Systemen zu beschäftigen: Elke Wetzenstein als Lehrende und die Studierenden als Lernende regten sich gegenseitig zu Erkenntnissen an. In diesen Fallbeispielen spielten natürlich die methodischen Fragen und die Aufgabenanalyse eine besondere Rolle.

Noch stärker war die Interaktion mit Studierenden, Diplomandinnen und Promovendinnen in den großen, teilweise über Jahre laufenden Drittmittelprojekten, die oft über den artop-Verein und später über die GmbH organisiert wurden und bei denen praktische Fragestellungen in der Industrie bearbeitet wurden. Wie schon früher gelang es Elke Wetzenstein hier schnell, motivierte und fähige Teams zu bilden und mit Ihnen zu praktisch verwertbaren Ergebnissen zu kommen. Die Themen reichten von der Gestaltung von Führerständen in Schienenfahrzeugen, über die Sprachsteuerung im Auto bis hin zur Reduktion der Anzahl und des Ausmaßes von toten Winkeln bei Lkws. Alle artop-Kolleginnen, die mit ihr zusammengearbeitet haben, können die fachlichen, aber besonders auch die zwischenmenschlichen, auf der Beziehungsebene liegenden Beiträge von Elke Wetzenstein nicht hoch genug schätzen.

Auch nach dem altersbedingten Ausscheiden aus der Universität war Elke beratend und unterstützend in den Gremien bei artop tätig, sei es durch das Einbringen ihrer reichhaltigen Projekterfahrungen, ihrer vielfältigen Kontakte oder durch ihr unermüdliches Plädoyer für eine Arbeitsweise, die wissenschaftliches Herangehen und praktische Bedeutsamkeit der angestrebten Resultate verbindet. Wir, ihre Kolleginnen und Kollegen, ihre Studierenden und die von ihr betreuten Diplomanden und Doktoranden, aber auch die Auftraggeber von Forschungs- und Gestaltungsprojekten und die Kooperationspartner verdanken ihr nicht nur neue Erkenntnisse, sondern auch die Erfahrung einer offenen und herzlichen Partnerschaft.

Ihr Tod ist ein großer Verlust für die Partner und Mitarbeiter von artop. Wir werden ihr Andenken ehren, in dem wir uns in unserer täglichen Arbeit an ihren Maßstäben als Richtschnur unseres Handelns orientieren.

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