Was versteht man unter dem Begriff “Human-centred Design”?

Human-centred Design

Drei Fragen an Knut Polkehn

Im Oktober startet bei artop die Ausbildung Human-centred Design. Im Interview erläutert der Ausbildungsleiter Knut Polkehn die Ziele und Hintergründe des Akademie-Angebots.

Hallo Knut, was versteht man eigentlich unter dem Begriff "Human-centred Design"?

Im Kern zielt Human-centred Design (HCD) darauf ab, Technologie, also Produkte, Systeme oder Services und deren User Interfaces so an die Bedürfnisse und Ziele von Menschen anpassen zu können, dass sich diese möglichst nicht an die verwendete Technologie anpassen müssen, um ihre Ziele zu erreichen.
Das reicht aber noch nicht. Es geht darüber hinaus um eine intuitive und einfache Nutzung, um Freude und Wohlbefinden – einfach um das zu den Erwartungen und Erfahrungen passende Nutzungserlebnis.

Im HCD werden zukünftige User Interfaces aber auch die Art und Weise, sie zu nutzen, auf die Ziele, Bedürfnisse und Kontexte der Nutzenden ausgerichtet. Das schafft man, indem man die Perspektiven und Anforderungen der Nutzenden und weiterer relevanter Stakeholder in jedem Schritt des Gestaltungsprozesses berücksichtigt.

Letztendlich werden mit den Vorgehensweisen des HCD Lösungen geschaffen, die nicht nur funktional auf die Aufgaben der Benutzenden, sondern auch perfekt auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind.
In unserer sehr komplexen Welt unterschiedlichster Ansprüche und Situationen können wir nicht nur für den Happy Path (den Idealweg) gestalten, sondern müssen auch immer den Worst Case (wenn Risiken zu unerwünschten Konsequenzen führen) berücksichtigen.
Wissen, Methoden und Vorgehensweisen menschzentrierter Gestaltung unterstützen systematisch dabei, diese Ziele zu erreichen.

Wie trägt eure Ausbildung dazu bei?

Gestalter:innen, User Researcher, aber auch Produktmanager:innen und andere an der Entwicklung Beteiligte fragen sich häufig, was müssen wir eigentlich über menschliches Erleben und Verhalten wissen, um gute Designs zu erstellen - da geht es um Psychologie.
Oft fragen sie auch nach konkreten Gestaltungsregeln, Design Pattern oder Tools, die man in der Gestaltung verwenden soll - da geht es um UI-Design.
User Experience Design ist mehr. Und deshalb lernen die Teilnehmenden bei uns, Wissen und Methoden entlang des gesamten menschzentrierten Gestaltungsprozesses (HCD) kennen und wie diese maßgeschneidert in den konkreten Arbeitskontexten der Teilnehmenden angewendet werden können.

Wir wollen unseren Teilnehmenden einen direkten Transfer des Gelernten in die eigene Praxis ermöglichen. Von Research über die Arbeit mit Nutzungsanforderungen, die Gestaltung bis hin zur Evaluation von Lösungen werden diese Methoden deshalb nicht nur kennengelernt, sondern auch praktisch erprobt.
Wir bieten unseren Teilnehmenden Orientierung und einen roten Faden innerhalb der Landschaft der UX-Begriffe und der Methodenvielfalt, damit sie befähigt werden, immer wieder selbstständig entscheiden zu können, ob sie Ideen eher systematisch ausarbeiten oder im Team radikal die Zukunft neu erfinden wollen.
Wir wissen, dass es in der Teamarbeit und Arbeit mit anderen Steakholdern immer wieder um Konsensfindung, Übersetzung und die Fähigkeit menschzentriert zu argumentieren geht. Genau das befördern wir in unserer Ausbildung.

Die Reflexion der gesammelten Erfahrungen in der Ausbildungsgruppe innerhalb eines, aber auch zwischen den einzelnen Modulen trägt zu einem tiefen Verständnis bei. So werden die Teilnehmenden motiviert, Wissen und Methoden im eigenen Arbeitskontext auszuprobieren und die gemachten Erfahrungen, sowie offene Fragen in die Ausbildung einzubringen. Das wird zusätzlich durch selbstorganisierte Peergroups und Termine zur Supervision eigener Fälle aus dem Arbeitskontext unterstützt.

Und das ist genau richtig - wie unsere Erfahrung seit 2006 zeigt.

Ihr hattet vorher die Ausbildung zum „Usability & User Experience Professional – Human Centred-Design wirksam umsetzen“. Warum wird diese nun durch die neuen Ausbildungen Human-centred Design (HCD) und Systemisches Product Thinking (SPT) ersetzt?

Eine Besonderheit unserer bisherigen Ausbildung war, dass wir uns nicht nur auf enge fachliche Themen im Sinne der Vermittlung von Wissen und Methoden im Bereich Usability und UX fokussiert haben, sondern es uns wichtig war, einen eher breiten Ansatz zu wählen, in dem unsere Teilnehmenden neben dem fachlichen Lernen auch an ihrer individuellen Wirksamkeit in ihrer professionellen Rolle, ihren Teams und ihrer Organisation arbeiten. Soft Skills, Co-Kreation, Change Management und Co. waren deshalb schon immer Teil der Ausbildung. Genau das haben wir beibehalten.

Uns ist aber auch klar geworden, dass wir den Blick weiten und mit unserem neuen Ausbildungskonzept im artop-Experience Hub zwei Perspektiven in den Mittelpunkt stellen müssen, die im Wechselspiel von Mensch, Produkt & Organisation permanent Beachtung verdienen:
Einerseits ist es wichtig, bei der Konzeption und Gestaltung interaktiver Produkte, Systeme oder Services konsequent die Benutzenden und weitere Interessenvertreter im Blick zu behalten (Ausbildung Human-Centred Design).
Andererseits ist es entscheidend, der agilen Definition und Umsetzung von Produkten, Systemen oder Services in Produktteams in Hinblick auf Produktmanagement und -entwicklung, aber auch Selbstorganisation, Führung und dem Umgang mit Veränderung Aufmerksamkeit zu schenken (Ausbildung Systemisches Product Thinking).

Unser neues Ausbildungskonzept ermöglicht es den Teilnehmenden, basierend auf ihrer professionellen Rolle im Arbeitskontext selbst zu entscheiden, in welcher Reihenfolge sie sich mit den Schwerpunkten beschäftigen möchten. Obwohl wir empfehlen, beide Ausbildungen zu absolvieren, haben Teilnehmende, die schon sehr erfahren in einem der Schwerpunkte sind, die Möglichkeit, sich intensiv mit dem anderen Schwerpunkt in der entsprechenden Ausbildung auseinanderzusetzen.

Um einen lebendigen Einblick in die Ausbildung Human-centred Design zu bekommen und um individuelle Fragen stellen zu können, besteht die Möglichkeit mit dem Trainer Knut Polkehn direkt in Kontakt zu treten: Dazu können Sie einen Termin für ein kostenfreies Erstgespräch buchen oder Knut Polkehn per E-Mail erreichen.

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